Bereit für „New Work“ und Wandel? Review des #bcrm18

Seit vielen Jahren gehe ich voller Begeisterung zu BarCamps in ganz Deutschland. Ich liebe es zu lernen und neue Verknüpfungen im Kopf und mit anderen Teilnehmern zu schaffen. Dafür ist diese etwas andere Art einer Konferenz ideal geeignet (Was ist ein BarCamp?).

Am 25. November war ich mal wieder beim BarCamp Rhein-Main (#bcrm18). Nachdem ich in den letzten fünf Jahren immer selbst eine Session angeboten habe, wollte ich mich dieses Mal ganz auf die Präsentationen der anderen Teilnehmer konzentrieren. Und es hat sich gelohnt!

Bei einem meiner Fokusthemen als Trainerin geht es darum, wie wir leichter mit Komplexität umgehen und agiler im Kopf werden können. Alle Themen, die irgendetwas mit Veränderung und einer neuen Art zu arbeiten zu tun haben, sind deshalb besonders interessant für mich. Wie sich herausstellte, passten alle fünf besuchten Sessions hervorragend dazu – auch wenn es mir im Vorhinein gar nicht so klar war.

Fünf Sessions: Wandel, New Work, Unternehmenskultur, Lego, Behavioural Design 

  1. Bei Tom Kloses Präsentation geht es um „Keep exploring! Wie man den Wandel etabliert“. Tom spricht mir aus der Seele, wenn er sagt: „Digitalisierung beginnt beim Menschen – nicht bei der Technik.“ Folgerichtig kreisen seine sechs Schritte zum Wandel, die er mit Hilfe einer Schatzkarte vorstellt, um das, was Menschen tun können auf ihrem Weg zu einem digitalen, innovativen Mindset.6 Schritte zum Wandel bcrm18

Die Punkte, die er vorstellt, sind relevant für alle Arten von Change-Projekten. Sie sind nicht neu, aber überzeugend zusammengestellt. Besonders gefallen mir Punkt 1 „Wille“ und Punkt 5 „Ausdauer & Übung“, weil sie mir in meinen Coachings und Trainings besonders oft begegnen. In dem Sinne, dass sie meistens ignoriert werden!

Deshalb geht es in meinen Workshops regelmäßig darum, wie wir unsere inneren Widerstände überwinden können (weg von „Eigentlich ja, aber…“ hin zum wahren Willen). Und wie wir uns neue Gewohnheiten schaffen können, um neue Denkweisen und Handlungen so in unserem Leben zu etablieren, dass sie uns irgendwann leicht von der Hand gehen – Ausdauer und Übung eben.

Wer Tom auch außerhalb von BarCamps in seinem Element erleben will, sollte mal zu einem seiner hochinteressanten Meetups gehen: www.thkl.ink/dic

  1. Kersten Riechers von Quäntchen + Glück stellt Beispiele vor, wie „New Work“ funktionieren kann. Das Unternehmen lebt diese neue Form der Arbeit seit Jahren und hat die 32 besten Methoden zusammengestellt – in Form eines Kartenspiels, dem New-Work-Quartett.Agiles Quartett bcrm18

In seiner Session erwähnt Kersten einige staunenswerte Umsetzungen. Manche nur kurz (z. B. Urlaubs-Flatrate und Einheitsgehalt), andere im Detail. So erklärt er: Montag ist Schontag und das bedeutet, dass das gesamte Unternehmen nicht zu erreichen ist. (Ich war neugierig und hab an einem Montag angerufen, es stimmt tatsächlich).

Stellen Sie sich vor, sie legen all Ihre Meetings auf einen Tag und können die restlichen vier Tage ungestört arbeiten! Das werde ich in meinem nächsten Zeitmanagement-Training auf jeden Fall mal erwähnen, mal schauen, wie die Teilnehmer darauf reagieren …

Wer mehr über den Schontag wissen will, findet bei https://qundg.de/blog/montag/ eine ausführlichere Erklärung.

Kersten stellt bei seiner Vorstellung der Speedback-Methode (=Feedback im Speeddating-Format) etwas Wichtiges klar – was vermutlich für viele der Q+G Vorschläge gilt: „Dieses Format funktioniert nicht, wenn eine starke Hierarchie und viel Frust herrscht. Man muss das schon wollen. New Work kann ganz schön anstrengend sein.“

Wie passend, dass auf jeder Spielkarte des Quartetts verzeichnet ist, wie aufwendig eine Umsetzung sein kann.

  1. Kerstens Kollege Jacob Chromy fokussiert sich in seiner Session auf eine einzige Methode, die „Culture Map“: Ein Werkzeug, um die eigene Unternehmens- oder Teamkultur zu kartographieren. Und er lässt uns selbst erleben, wie es sich anfühlt, eine solche Map zu erstellen. Nach einer kurzen Einführung geht es sofort in die Partnerarbeit. Wir starten mit dem „vielleicht einfachsten Canvas der Welt“, auf der drei Dinge abgefragt werden: Verhalten, Ergebnisse und Ermöglicher / Verhinderer. Der Geräuschpegel steigt und alle unterhalten sich so angeregt, dass Jacob uns nur mit Mühe „zurückholen“ kann.

Er endet mit ein paar ganz praktischen Tipps, so z. B. mit farbigen Post-its zu arbeiten, nur mit den schmalen, und bei den Ermöglichern auch ein „Weiter so!“ auf jeden Fall schriftlich festzuhalten. Das gefällt mir!

Culture Map bcrm18

  1. Bei der nächsten Session von Antonia Jennewein bin ich total dankbar. Schon lange will ich Lego Serious Play TM einmal selbst erleben, und Antonia bietet eine Einführung an. Ihre These „Deine Hände wissen manchmal mehr als du.“ Und tatsächlich gibt es beim Bauen unserer Türmchen – oder besser bei der Interpretation – das ein oder andere Aha-Erlebnis.Lego Set bcrm18

Wie soll man mit Lego bauen, wie man sich bei einem Konflikt fühlt? Geht das überhaupt? Nach dieser Session wissen wir: Ja, erstaunlich gut und mit viel Erkenntnisgewinn.

Darin erinnert es mich an die Effekte, die entstehen, wenn ich bei manchen meiner Coaching-Klienten mit dem Stellbrett arbeite. Zuerst ist da eine Scheu zu „spielen“ (besonders bei manchen High-Level-Führungskräften) und dann das Erstaunen, wie viel Klarheit in ganz kurzer Zeit entsteht. Ich könnte mir vorstellen, dass beim Hantieren mit Legosteinen zunächst noch mehr Anfangswiderstand da sein kann, dass es sich aber gerade bei kreativeren Themen auf jeden Fall lohnt.

  1. Bei meiner letzten Session bin ich ganz gespannt, was Norbert Gilles zum Thema Behavioural Design im Gepäck hat. Vor allem exzellente Beispiele! Zunächst dafür, dass unser Gehirn lieber schnell denkt und dafür Fehler in Kauf nimmt, wenn es nur plausibel genug erscheint (z. B. „Ein Schläger und ein Ball kosten zusammen ein Euro und zehn Cents. Der Schläger kostet 1 Euro mehr als der Ball. Wieviel kostet der Ball?“ Wer spontan 10 Cents sagt, muss leider nochmal nachrechnen…). Und dann Beispiele, wie wir uns durch bestimmtes Design in ein bestimmtes Verhalten schubsen lassen („Nudging“). Die interessante Frage – auf die es in der Session keine eindeutige Antwort gibt – wann ist Nudging ethisch vertretbar? Ist es OK, wenn wir dadurch etwas für die Umwelt tun, aber nicht OK, wenn Booking.com oder Airbnb dadurch mehr Geld scheffeln? (Und habe ich gerade schon erfolgreich manipuliert, weil ich scheffeln statt verdienen schreibe?)

Begeistert bin ich, als ich sehe, dass Norbert BJ Fogg und seine Theorie der Tiny Habits beschreibt. Wer schon einmal bei einem meiner Workshops oder Vorträge war, weiß, dass ich seine Methode zur Schaffung neuer Gewohnheiten immer mit großer Freude weiterempfehle.

Zum Schluss gibt’s dann noch Tipps für Bücher zum Thema. Eine hochspannende Session, zu der ich mir eine anschließende Diskussions-Runde gewünscht hätte.

Fazit: Wieder einmal ein gelungenes BarCamp, mit toller Organisation, toller Location (danke an R+V) und tollen Vorträgen. Was mich persönlich gefreut hat: In meinen Seminaren zum Umgang mit Komplexität, Change und Selbstmanagement sage ich gerne, dass das Bereitsein für das neue Arbeiten zu allererst eine Frage der inneren Haltung ist. Alle Vortragenden haben das aus meiner Sicht in ihren Sessions erneut in Worten und Taten bestätigt. Allen ein herzliches Dankeschön!

 

Wer nun Lust bekommen hat, 2019 ein BarCamp zu besuchen: Hier gibt’s die gesamte Liste!

Veröffentlicht unter Bücher, Vorträge, Seminare

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